Lygia Clark zählt zu den wegweisenden Kunstschaffenden Südamerikas. Ihre Arbeiten brachten Werk und Publikum in unmittelbaren Dialog. Ihre begeh- und berührbaren Installationen lassen Betrachter:innen bis heute zu aktiven Mitgestaltenden werden. Ihre Haltung stellte sowohl die Institution Museum als auch das Verständnis eines abgeschlossenen Werks infrage und forderte ein ganzheitliches, den Körper einbeziehendes Erleben. Ihre Praxis spiegelte sowohl die Aufbruchsstimmung Brasiliens als auch die Spuren politischer Unterdrückung wider – und hat bis heute nichts von ihrer Aktualität eingebüsst.
Als prägende Figur des Neoconcretismo suchte Lygia Clark seit den 1960er-Jahren nach einer neuen Kunsterfahrung. Ihre Entwicklung führte vom gemalten Bild über den Schritt in den Raum bis hin zur Abkehr vom festen Objekt in den 1970er-Jahren. Besonders bekannt ist die Werkgruppe «Caminhando» (Unterwegs) von 1963, die hier als Titelbild zu sehen ist. Inspiriert durch die Auseinandersetzung des Schweizer Multitalents Max Bill mit der Möbiusschleife entwickelte Clark hier eine Handlungsanweisung, bei der nicht mehr das Objekt, sondern die Handlung selbst zum Kunstwerk wird. «Caminhando» markierte also einen revolutionären Schnitt: den Fokus ganz auf den Prozess.