Auguste Rodin, Jean d’Aire (Étude de nu pour les Bourgeois de Calais), 1887, Kunsthaus Zürich, Dauerleihgabe des Kantons Zürich, 1949. Signatur Auguste Rodins auf der Sockelplatte vor der Restaurierung.

Rodin bereitete die einzelnen Figuren in grossen Aktstudien vor. Mimik und Gestik, die eine verzweifelte Stimmung symbolisieren sowie die Betonung von vergrösserten Händen und Füssen verleihen dem Werk expressionistische Züge.

Oberfläche zerstört

Die Skulptur des Jean d’Aire war Jahrzehnte lang vor dem alten Seerosensaal im Aussenbereich des Kunsthauses aufgestellt. Ihre gesamte Oberfläche wurde durch Witterungseinflüsse in grossem Umfang zerstört. Diese Aussenbewitterung hat einerseits zu einem starken Materialabtrag und andererseits zur Anlagerung einer harten Sinterschicht aus Gips und Kupferkorrosionsprodukten geführt.

So ist die originale Patina nur noch an sehr wenigen, geschützten Stellen vorhanden. Es wird vermutet, dass ihr eigentliches Aussehen dunkel- bis olivbraun-glänzend war. Vor der Restaurierung präsentierte sich die Oberfläche jedoch matt und stumpf. Senkrechte Wasserläufe entstellten den Körper und erschwerten die Lesbarkeit der Modellierung zusätzlich. Auf waagrechten Flächen war die Patina zudem rostrot verfärbt.

Restaurierung und Konservierung

SliderSmall_Rodin_5.png
Verlust der originalen Patina durch Ausseneinflüsse
SliderSmall_Rodin_9.png
Rotbraune Korrosion
SliderSmall_Rodin_7.png
An den hellgrün gefärbten Stellen ist keine originale Oberfläche mehr vorhanden.
SliderSmall_Rodin_3.png
Die Hand wurde ungefähr bis zum Ellbogen «probegewachst», um den Grad der Verdunklung der Oberfläche zu demonstrieren.
SliderSmall_Rodin_4.png
Die «Probewachsung» zeigt deutlich, dass die Tiefenwirkung verbessert wird.
SliderSmall_Rodin_12.png
Wasserläufer wurden nach der Entfernung von Krusten und Korrosion retuschiert. Noch wirkt die Oberfläche stumpf und matt und wenig definiert.
SliderSmall_Rodin_14.png
Durch den Kaltwachsauftrag, der als Konservierungsschicht auch den Glanz wiederherstellt, ist das Werk wieder besser in seiner ganzen expressiven Kraft erfahrbar.

Expressive Kraft wieder wahrnehmbar

Neben dem Konsolidieren und Konservieren der Oberfläche umfasste der Eingriff vor allem restauratorische Massnahmen: Hierbei standen neben dem Reinigen der Oberfläche und der Abnahme von An- oder Ablagerungen vor allem das Retuschieren der Wasserläufe und der Auftrag von Konservierungswachs im Vordergrund.Besonders durch die Konservierung mit Heisswachs wird eine gleichmässig glänzende, starke Verdunklung der Oberfläche erzielt, von der man aber im Fall von «Jean d‘Aire» absah, auch weil sie für den Innenbereich aus konservatorischer Sicht nicht notwendig ist. Die Kaltwachskonservierung hingegen konnte die Spuren der Aussenpräsentation in einem Masse erhalten, die der Aussage und Geschichte des Werks Rechnung trägt. Das Werk ist weiterhin als stark bewitterte Aussenskulptur erfahrbar, die aber heute wieder ihre ganze expressive Kraft entfaltet.

« Mit der Art der Retusche und Wachskonservierung konnte die Oberfläche beruhigt und vereinheitlicht werden und das Werk hat dadurch all seine expressiven Kraft wiedergewonnen. » — Rolf Fritschi, Skulpturenrestaurator
« Die Lösungsfindung mit Restaurierungsabteilung, Direktion und Sammlungskonservator war spannend, hat aber einige Diskussionsrunden gebraucht. » — Rolf Fritschi, Skulpturenrestaurator
« Am gemeinsamen Entscheid gefällt mir, dass die Spuren der Aussenbewitterung nicht komplett getilgt wurden und so die Geschichte des Werks als Aussenskulptur sichtbar bleibt. » — Rolf Fritschi, Skulpturenrestaurator

Mit der Restaurierung des Werks «Jean d’Aire» finden die vor 15 Jahren gestarteten Erhaltungsmassnahmen an den grossformatigen Skulpturen Auguste Rodins nun ein Ende. Einen Ehrenplatz erhält «Jean d’Aire» in der Ausstellung «Matisse – Metamorphosen», die vom 30. August bis zum 8. Dezember im Bührlesaal gezeigt wird.

Restaurator: Rolf Fritschi
Projektlaufzeit: Februar – Mai 2019
Unterstützt von: Bank of America Art Conservation Project